„Tough Mudder” ist eine Hardcore-Strecke, die Männer vor allem im Team gut bestehen.

6. September, ca. 13:00 Uhr. Wir kämpfen uns gerade durch unwegsames Gelände und überwinden Hindernisse. Es ist heiß, die Klamotten sind voller Schlamm, die Kehlen ausgetrocknet, und die Luft wird knapp. Dabei liegen noch drei Viertel der Strecke vor uns, und die bisherigen Hindernisse waren ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was noch folgt. 18,5 Kilometer ist die Strecke lang. Wir befinden uns bei Tough Mudder, einem Hardcore-Hindernislauf.

Warum Tough Mudder? Weil normales Marathonlaufen uns zu langweilig ist – und für Zuschauer erst recht. Tough Mudder stellt deinen Mumm auf die Probe – und nicht die Fähigkeit, stundenlang alleine geradeaus zu laufen und irgendwie die quälende Langeweile auszuhalten. Die Hindernisstrecken sind eine echte Bewährungsprobe. Triathlon, Marathon und andere Schlammläufe sind mehr Stress als Spaß. Tough Mudder ist anders. Nach der absoluten Hardcore-Strecke erwarten dich im Ziel ein Bier, viel Spaß und die harten Bässe der rockenden Musik. Um Schlamm, Feuer, Eiswasser und 10.000 Volt zu trotzen, brauchst du Teamkollegen, die dich mitziehen, wenn dich der Mut verlässt. Wer vier Meter hohe Mauern überwinden und durch unterirdische Schlammtunnel kriechen will, braucht Teamkollegen, die einen anfeuern und antreiben.
Der Wunsch, an einer solchen Herausforderung teilzunehmen, entstand am Ende der No-Shave-November Aktion 2013. Beim BBQ für Holzfäller haben wir uns ein Werbevideo von Tough Mudder angeschaut und einige Mutige hatten sofort Lust und Laune, bei dem Lauf mitzumachen. Es dauerte nicht lange, da hatten wir schon unser Team zusammengestellt. Sechs Leute haben sich bereit erklärt, zwei davon mussten ersetzt werden, da sie krankheitsbedingt ausgefallen sind. Das Team bestand letztendlich aus Florian L., Robin B., Jimmy K., Timo S., Erich S. und Jakob G.. Angefeuert wurden wir von Juliane M., Jan M., Dimmy C. und Toby S..
Am Jagdschloss Herdringen in Arnsberg hat es angefangen. Strenge Sicherheitskontrollen (aber keine besonders guten), und ein Haufen Leute, die sich Monate lang auf dieses Event vorbereitet haben. Bevor es losgeht, gibt es noch ein Warmup – und wenn man dieses mitmacht, schleicht sich schon der Gedanke ein „Oh Mann, wenn das nur der Anfang ist, dann kann ich mich auf einen zweimonatigen ‚Knochen‘-Kater gefasst machen!“ – Aber in diesem Moment ist der Zug schon abgefahren. Tough Mudder ist nicht gerade preiswert, und das Geld ist zu schade, um das Ganze jetzt abzubrechen. Und außerdem hat man ab jetzt mehr zu verlieren, als nur etwas Geld aus dem Portemonnaie – sein Gesicht. Deine Teamkameraden sind neben dir und ziehen Fratzen, als ob sie gleich in den Krieg ziehen. Ein persönlicher Rückzug, ja sogar der Gedanke daran ist ab diesem Moment bereits undenkbar. Kaum versieht man sich, schon ist man dabei mit lauter Stimme (und manch einer mit Tränen in den Augen), den Tough-Mudder-Schwur zu leisten. Spätestens hier weiß jeder: Es gibt kein Zurück mehr. Heftiges Dröhnen, laute Musik und Rauchstäbe sind wahrzunehmen, wenn es mit rund 150 Leuten losgeht. Und eine solche Menschenmenge wird alle 20 Minuten los geschickt.
Hier sind wir nun und laufen los. Wir laufen durchs Gelände. An der Mont-Cenis-Akademie haben einige von uns vorher trainiert – aber das Gelände, das hier bewältigt werden muss, ist mit dem ebenen Gelände in Herne nicht zu vergleichen. Es geht steil bergauf – dann wieder runter (große Belastung für die Kniegelenke), und immer wieder gibt es spezielle Hindernisse, die bewältigt werden müssen (ca. 36). Einige davon möchte ich euch kurz vorstellen:
Arctic Enema: Eisbäder eignen sich zur Muskel-Regenerierung? Arctic Enema (zu Deutsch „der Arktische Einlauf“) gehört sicher nicht dazu: Hier geht’s nicht um Entspannung, hier geht’s um Willensstärke. Und zwar eimerweise: Zunächst stürzt du dich todesmutig in einen Container schwimmender Eisberge. Sobald sich die eiskalten Fluten über deinem Kopf schließen, brauchst du deine gesamte geistige und körperliche Kraft, um durchs Wasser zu schwimmen, dabei unter einem Brett durch zu tauchen und dich am Ende aus dem Eispool zu hieven, bevor du festfrierst. Würden durch dieses Becken nicht alle paar Sekunden Menschen durchschwimmen, dann würde es einfrieren bei der Wasser-Temperatur. Wie eine Million Stiche fühlt es sich an, wenn man hineinsteigt und noch schlimmer wird es, wenn man in diesem Wasser tauchen muss. Der Schmerz hält noch einige Minuten an, nachdem man aus dem Wasser gekommen ist.
Cage Crawl: Dieses Hindernis verbindet zwei tiefsitzende Ängste: Die Angst vor engen Räumen und die vor Wasser. Hier darf man sich auf dem Rücken liegend durch einen 18 Meter langen Käfig mit nur 10 cm Platz zum Atmen hindurchziehen. Auf dem Rücken zu schwimmen klingt vielleicht eher wie eine entspannende Erfahrung, aber das Gefühl des Gefangenseins macht sich schnell im Gehirn breit.
Electric Eel: Dieses Hindernis wird von vielen Mudders etwas stiefmütterlich behandelt, denken die meisten im Zusammenhang mit Stromschlägen doch eher an die berüchtigte Elektroschock-Therapie. Ein Fehler, wie du spätestens dann merken wirst, wenn du bäuchlings durch eisiges Wasser robbst und dabei versuchst, nicht mit den elektrischen Kabeln über deinem Kopf in Berührung zu kommen. Denn das ist wahrhaftig kein Spaß: Sobald dein Körper mit den Stromkabeln in Kontakt kommt, zitterst du wie ein Aal. Achte also darauf, deinen Kopf zu schützen, sonst erfährst du schnell, was es heißt, sein Gehirn neu programmieren zu lassen. Übrigens: Wer glaubt den Kabeln ausweichen zu können und sich viel Zeit für dieses Hindernis nimmt, der liegt mit dieser Einschätzung total daneben. Je länger du dich dort unten bewegst, umso mehr Stromschläge kriegst du ab, denn die Kabel sind einfach zu nah aneinander gelegt, als das man ihnen ausweichen könnte. Eine solche schmerzhafte Erfahrung durfte ich am eigenen Leib erfahren. Hier hilft nur eins: Im Liegen wie bekloppt, durch den Strom-Kabel-Salat zu kriechen und möglichst wenig Zeit vergeuden!
Everest: Snowboarder und Skateboarder stellen ihr Können in der Halfpipe unter Beweis. Mudders stellen sich echten Herausforderungen. Zum Beispiel dem Everest, einer Quarterpipe, deren höchsten Punkt du nur mit der Unterstützung anderer Mudders erreichst. Denn der Everest ist überzogen mit Schlamm und Fett. Diese schmierige Kombination sorgt in der Regel dafür, dass du schnell wieder auf dem Boden landest. Sichere dir deshalb die Hilfe anderer Mudders, um dich aufzufangen, wenn du die Quarterpipe hochrennst. Oder bildet mit eurem Team eine Menschenkette, um auf den Schultern der Anderen endlich den Everest zu erobern.
Das waren jetzt nur ein paar der vielen Hindernisse, die uns beim Tough Mudder begegnet sind. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie gut dieses Gefühl war, als man endlich das Ziel erreicht hatte. Geschafft! Das war einfach unvorstellbar. Ich denke im Namen aller Teilnehmer zu sprechen, wenn ich rückblickend behaupte: „Es hat sich definitiv gelohnt – ich bereue keine Sekunde!“

Jakob Grundmann

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